Die Wiesn des Wissens

Einleitung

Auf die Idee für diesen Artikel bin ich durch Stéphane Etrillard gekommen, welcher anmerkte, dass Menschen dauernd jammern, sie hätten zu wenig Geld für die persönliche Weiterentwicklung – auf die Wiesn zum Oktoberfest jedoch können sie alle gehen. Dabei fielen mir vor allem 2 Beispiele von Menschen ein, die ähnlich agierten bei dem Thema Geld und Bildung. Vielleicht fällt dir auch der eine oder andere Moment in deinem Leben ein, in welchem du dich GEGEN persönliche Weiterentwicklung entschieden hast.

Kaffee statt Entwicklung

Ein Freund von mir verlor seinen sicheren Arbeitsplatz. Aus heiterem Himmel, einfach so. Er wollte die Zeichen der Zeit nicht erkennen. Auf jeden Fall war er darauf nicht vorbereitet. Weder geistig noch monetär. Er hatte auch keinen Plan B, musste sich also auf Jobsuche begeben. 4 Monate lang hagelte es nur Absagen. Im tiefsten Tal seiner emotionalen Verfassung fragte ich ihn, was er tun könne, damit ihm das nie wieder passiert. Er meinte darauf hin, dass er sich auf jeden Fall Geld für seine Bildung auf die Seite legen werde. Denn ohne Zertifikate sei es sehr schwer unterzukommen.

Daraufhin rechnete ich ihm aus, wieviel er ca. auf die Seite legen sollte – und zwar Tag für Tag. Es waren an die 7 Euro, damit er sich sein wichtiges Zertifikat in einem Jahr leisten könnte. Hört sich nicht viel an, ist aber, je nach Einkommen, eine große Summe.

Auf jeden Fall bekam er 2 Wochen später wieder einen Job und ich fragte ihn ein paar Monate später, wie es denn aussähe mit seinem Weiterbildungsbudget. Was denkst du, wieviel er gespart hatte? Richtig, 0 Euro. Auf einmal schien es nicht mehr so wichtig, sich um die eigene Absicherung zu kümmern.

Andere Prioritäten hatten sich festgesetzt. Nun war es wichtiger, während der Arbeit 4-6 Becher Automatenkaffee in sich hinein zu schütten und in der Kantine zu essen, statt sich etwas von zu Hause mitzunehmen. So schnell geht es. Mit diesen beiden Posten hätte er die 7 Euro locker überspringen können. Tat er aber nicht und er hat bis heute dieses Zertifikat nicht.

Manche Menschen manövrieren sich mit Ansage in Schwierigkeiten.

Hier ein weiterer Artikel zu dem Thema von mir:

Wie du dich selbst erfolgreich sabotierst

Weltreise statt Qualifizierung

An eine Kursteilnehmerin kann ich mich ebenso erinnern. Ihr ging es finanziell ziemlich schlecht. Sie hatte keine spezifische Berufsausbildung, was ihr die Suche am Arbeitsmarkt logischerweise erschwerte. Seit einem Jahr war sie auf Jobsuche. Auf die Frage, ob sie nicht gerne eine Ausbildung machen würde, antwortete sie, dass sie kein Geld für soetwas habe.

Mit dem AMS (=österreichisches Arbeitsmarktservice) vereinbarte ich eine spezifische Weiterbildung für diese Frau. Also diese Weiterbildung wäre für sie zu 100% finanziert gewesen. Sie meinte, dass das total toll wäre, sie jedoch in den nächsten Monate mit ihrem Mann auf Weltreise ging.

Das Spannende an der Geschichte ist nicht die Weltreise – ich würde ebenso gern auf Weltreise gehen – sondern das Nicht-Wahrnehmen von Weiterentwicklungschancen. Diese Teilnehmerin wäre NIEMALS draufgekommen, Geld für ihre Ausbildung auf die Seite zu legen. Nicht einmal im Traum. So geht es vielen Menschen. Geld für Bildung in unserer Wissensgesellschaft zu sparen, scheint sehr selten umgesetzt zu werden.

Durch meine Gespräche mit zahlreichen Menschen scheint eher erwartet zu werden, dass die Firmen sich gefälligst um alle Weiterbildungsmaßnahmen zu kümmern haben. Ein gefährliches Spiel, welches schnell nach hinten losgehen kann.

Viele andere Beispiele hätte ich zu dem Thema. Im Kern dreht es sich darum, dass es vielen Menschen schwer fällt, auf Luxus zu verzichten, egal, wie hoch das tatsächliche Einkommen ist. Wir sind es gewohnt, 2-4 Mal im Jahr in den Urlaub zu fahren. Wir sind es gewohnt, ein 2. oder 3. Auto zu besitzen.

Wir sind es nicht gewohnt, auf Sachen zu verzichten, um uns wissensmäßig voran zu bringen. Und das in einer Wissens- und Bildungsgesellschaft. Irgendwie paradox. Was meinst du?

3 Kommentare zu „Die Wiesn des Wissens“

  1. Lieber Michael,
    ja es gibt viele Menschen die das ähnlich sehen wie du das in deinem Artikel beschrieben hast. Und ich kann auch nachvollziehen, dass Menschen wie du und ich, das nicht nachvollziehen können. Doch kann ich aus persönlicher Erfahrung auch sagen, dass es unzählige Menschen gibt, die sich selbst auf die Beine stellen und ihren Urlaub für Weiterbildungen nutzen. Das beste Beispiel sind die TeilnehmerInnnen meiner Yogareisen, alles wunderbare Menschen die ihren Urlaub nutzen um zu wachsen und Neues zu lernen und Dinge zu verlernen die ihnen nicht gut tun.
    Und wie wir wissen ist Wissen das größte Gut überhaupt und immer eine Investition die sich lohnt.
    Alles Liebe und Danke für deine Impulse
    HERZlichst
    Eva-Maria

  2. Lieber Herr Jagersbacher,

    ein sehr schöner Artikel und eine klasse Erkenntnis. Kurz und knackig zusammengefasst.

    Viele Menschen geben Ihr Geld lieber für unnütze Dinge aus, doch vergessen, dass der materielle Wert sinkt, während sich der geistige Wert verdoppelt. Dieser ist langfristig nutzbar während die meisten Dinge uns nur für eine bestimmte Zeit vom Universum zur Verfügung gestellt werden.

    Angestellte sollten lernen umzudenken, denn jeder ist für sich selbst, sein Glück und seinen Wert im Markt verantwortlich.

    Ich persönlich würde ich jährliche Weiterbildungen und täglichen Lesen von interessanten Büchern langweilen.

    Mit stilvollen Grüßen in die Steiermark,

  3. Guten Morgen
    ich kann Ihre Erfahrungen bestätigen, dass es die Menschen gibt, die tief in ihrer Komfortzone stecken und dort bleiben werden… Als ich mich selbst auf den Weg machte, mich auf ein neues Berufsleben vorzubereiten, traf ich jedoch viele, die ihren Jahresurlaub mit Weiterbildung verbrachten, und die u.U. jährlich den Wert eines Kleinwagens in ihre Fortbildung investierten. Eine Freude zu sehen, wie Menschen ihre Ziele erreichen … Und ein wenig befremdlich Kommentare der „Zurückgeblienen“ … „Der hat aber GLÜCK gehabt!“ … Der Mensch ist per se ein Energie – Sparmodell. Daher sind die, die sich auf den Weg machen, ihre Potenziale zu entfalten, in der Minderheit. Schönen Tag wünsche ich – Grüße von Marion Hahn, Mainz

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