Sei ein Arsch!

Wozu Sympathie?

Zugegeben, der Titel: „Sei ein Arsch!“ ist etwas provokativ formuliert und steht für alles, wofür ich nicht stehe. Dennoch trifft die Aussage den Kern kommunikativen Wachstums, den wir beschreiten müssen, um erfolgreich sein zu können.

Eine interessante Frage, die mir immer wieder gestellt wird: „Was bringt es mir, sympathisch zu wirken?“, hat natürlich ihre Berechtigung. Einer meiner Mentoren – Stéphane Etrillard – hat dies auch sehr gut kommentiert: „Ich werde nicht dafür bezahlt, sympathisch zu sein!“

Damit hat er natürlich absolut Recht. Doch er wird definitiv dafür bezahlt, ein gutes Gesprächsklima zu seinem Klientel aufzubauen UND einen Zusatznutzen zu vermitteln. DAS ist der springende Punkt – ohne gutes Kommunikationsklima sinken die Chancen dramatisch, dass mein Angebot überhaupt Gehör findet. Nur sympathisch zu sein, ist zu wenig. Jedoch „nur“ kompetent zu sein, ebenso. In entscheidenden Momenten Sympathie und somit Vertrauen herzustellen ist unbezahlbar, aber erreichbar.

Schuld sind die anderen

Ich lernte in meiner Zeit als Trainer bis dato an die 5000 verschiedene Personen kennen und natürlich weitere hunderte Menschen in meinem privaten Umfeld. Sehr oft steht ihnen ihr eigener Charakter im Wege. Nicht ihre fehlenden Qualifikationen oder Fähigkeiten. Das ist das wahrhaft Tragische. Ihre Unfähigkeit, Nähe aufzubauen zum Gegenüber, versperrt ihnen den Zugang zum Erfolg. Das wollen natürlich die Wenigsten auch wahrhaben. Immer wird die Schuld  jemand anders in die Schuhe geschoben. Eine Art Selbstschutz, die verständlich, jedoch äußerst hinderlich sein kann in der persönlichen Entwicklung.

Ausbildungsfetischismus

Manche gehen bei anhaltender, beruflicher Erfolglosigkeit, leider den immer falscheren Weg: Ausbildung über Ausbildung, Zertifizierung über Zertifizierung, Fachwissen über Fachwissen wird angestrebt. Man kommt gar nicht auf die Idee, dass die eigene Erfolglosigkeit etwas mit dem eigenen Kommunikationsverhalten zu tun haben könnte.

Ich kann mich an einen Teilnehmer erinnern, der während einer 5 wöchigen Ausbildung kaum ein Wort mit anderen Menschen gesprochen hat. Er war zu scheu, sich vorzustellen, er sah keinen anderen Teilnehmer an und gab nur kurze Antworten auf Fragen. Man merkte jedoch, dass er was „auf dem Kasten“ hatte. Seine Antworten waren teilweise brilliant. Doch WIE er sie kommunizierte, vernichtete den Gehalt seiner Aussagen massiv!

Ich deutete mehrere Male an, dass es gut für ihn wäre, Kommunikationstraining zu besuchen, um bessere Ergebnisse zu erhalten. In der Abschlussrunde der Ausbildung faselte er jedoch wieder von weiteren fachspezifischen Ausbildungen, die seinen beruflichen Erfolg wahrscheinlicher machen. Manche Menschen wollen oder können es einfach nicht einsehen.

Du bist nicht dein Kommunikationsverhalten

Oft fragte ich mich, weshalb manche Menschen genau an diesem Punkt einen blinden Fleck haben. Dann fiel es mir beinahe wie Schuppen von den Augen – sie fühlen sich dadurch in ihrer Persönlichkeit angegriffen. Wenn ich einem Menschen sage, dass sein Kommunikationsverhalten schlecht ist, neigt dieser dazu, dies auf seine gesamte Persönlichkeit zu beziehen. Du kommunizierst schlecht = Du bist ein schlechter Mensch. Doch das ist absoluter Blödsinn. Das Kommunikationsverhalten repräsentiert doch nur einen winzigen Ausschnitt meiner Person. Du kannst auch ein toller Mensch mit tollen Werten sein, wenn du schlecht kommunizierst. Und das Tolle: Ich kann an meiner Kommunikation, an meinem Auftreten arbeiten, wenn ich es wirklich WILL.

Schuld sind meine Eltern

Oft höre ich: Für meine Kommunikation kann ich Nichts. Schuld sind meine Eltern, Lehrer, Kinder, etc. Es mag sehr wohl stimmen, dass das Umfeld einen riesigen Einfluss auf unsere Persönlichkeits- und Kommunikationsentwicklung haben. JEDOCH lasse ich es nicht gelten, wenn ein 40 Jahre alter Mann seine Eltern in die Verantwortung für die eigenen Fehler nimmt. DENN das Umfeld bestimme ab einem gewissen Zeitpunkt ich selbst. Manches Umfeld ist gut für mich, manches schlecht. Die eigene Reflexionsfähigkeit sollte gegeben sein, um den richtigen Weg zu finden.

Das bedeutet, dass ich es selbst in der Hand habe, mit wem ich interagiere und wie hoch die Qualität dieser Interaktionen sind. Dies benötigt jedoch die Einsicht, dass man an sich arbeiten muss, dass das eigene Kommunikationsverhalten suboptimal ist. Das bedeutet nicht, dass man als gesamter Mensch schlecht ist!

Kauf dir doch ein Buch!

Ich kann mich noch gut an eine Autofahrt mit Ilja Grzeskowitz erinnern, wo wir über Veränderungsresistenz von Menschen gesprochen haben. Er meinte, ein Anfang könnte doch der Kauf eines Buches über Kommunikation sein. Der nächste Schritt wäre das Buchen eines Workshops, danach kommt ein Coaching, etc. So könne man Schritt für Schritt die Komfortzone verlassen und die Hürden für Veränderung – welcher Art auch immer – mit Leichtigkeit überspringen. Guter Ansatz von Ilja, denn schließlich sind große Veränderungssprünge oftmals angsteinflößend.

Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: Sei ein Arsch!

Ein sehr gewagter Satz, doch er hilft in der Ausweitung der eigenen Komfortzone. Kommunikation hat auch etwas mit Gefühl zu tun oder wie wir in Österreich sagen mit „Gespür“. In meinem Buch der Sympathie-Code und in meinen zahlreichen Coachings veranlasse ich Menschen, sich anders zu verhalten, als es ihrem Naturell entspricht. Netten und sympathischen Menschen – alle meine Klienten sind nett 😉 – empfehle ich bewusst, die Rollen zu verändern. Dies fängt sehr klein an, hat aber riesige Auswirkungen auf die eigene Kommunikation. Beispielsweise müssen sie sich „Dominanztage“ aussuchen, in der sie eben dominant agieren. Sich vordrängen an der Wursttheke, sich versuchen vorbei zu drängen an einer Kassenschlange, sich öfters zu Wort melden in Meetings, Menschen widersprechen, etc.

Wo der Hund begraben liegt

Wir reflektieren dann sehr genau, wie sich die Klienten gefühlt haben, wie die Reaktionen der anderen waren und wie man diese Gefühle produktiv für die eigene Entwicklung nutzen kann. Meinen Coachingklienten fällt dies anfangs schwer, doch mit ein wenig Übung sind sie Meister im sogenannten „Status-Wechsel“.

Und genau hier liegt der „Hund begraben“:

Erfolgreich und durchsetzungsstark sind wir nur, wenn wir es schaffen, eine perfekte Balance zwischen den eigenen kommunikativen Bedürfnissen und den Bedürfnissen der Umwelt zu finden.

Das Tolle: die eigenen Bedürfnisse können mit dieser Strategie schrittweise verändert werden. Oder du kaufst dir ein Buch 😉

 

Sympathische Grüße aus der Steiermark,

Dein Michael Jagersbacher

Sympathisch/Praktisch/Gut

4 Kommentare zu „Sei ein Arsch!“

  1. Das bedeutet, dass ich es selbst in der Hand habe, mit wem ich interagiere und wie hoch die Qualität dieser Interaktionen sind. Dies benötigt jedoch die Einsicht, dass man an sich arbeiten muss, dass das eigene Kommunikationsverhalten suboptimal ist. Das bedeutet nicht, dass man als gesamter Mensch schlecht ist!

    Eine Traum aussage!
    Mann muss ja nicht gleich mit jedem in die Abendsonne reiten.

    Danke für den tollen Beitrag!

  2. Toller Artikel, und das mit den die Eltern und das Umfeld sind schuld Geschichten kennen wir denke ich alle. 😉 Doch finde ich es immer wieder großartig und wunderbar wieviel Menschen etwas Verändern wollen und sich in unsere Hände begeben um ihre Ziele zu erreichen und an ihrer Persönlichkeit zu arbeiten. Ich finde deinen Ansatz, des Schritt für Schritt sich dem Thema zu nähern sehr gut, da hier meist die größte Hürde liegt. Zumindest ist das meine Erfahrung. Alles Liebe und ich freue mich auf deinen nächsten Blog.
    HERZlichst Eva-Maria

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